Brigitte Baumann & Helmut Baumann 2010: Die Mainzer Kräuter-buch-Inkunabeln: Herbarius Moguntinus, Gart der Gesundheit, Hortus Sanitatis. – VII+444 S. + 31 S. mit Farbtafeln. Verlag Anton Hirsemann KG, Stuttgart.


Besprechung von SIEGFRIED DEMUTH

Als Inkunabeln werden die ältesten mit metallenen Einzellettern gedruckten Bücher und Einblattdrucke bezeichnet, die etwa zwischen 1450 und 1500 entstanden sind. Die beiden Autoren beschreiben die drei Kräuterbücher Herbarius Moguntinus (1484), Gart der Gesundheit (1485) und Hortus sanitatis (1491) unter Berücksichtigung von 15 Vorläuferwerken.
Bei diesen drei Bücher handelt es sich um die bedeutendsten bebilderten Frühdrucke über Medizinalpflanzen. Es sind Zusammenstellungen aus Kräuterbüchern der Antike bis zum Mittelalter. Dargestellt sind Heil- und Gewürzkräuter mit lateinischen Namen und Volksnamen, Beschreibungen, Anwendungsbereiche und Abbildungen in Form von Holzschnitten. Überwiegend handelt es sich um Kulturpflanzen, seltener um Wildpflanzen.

In der Arbeit von BAUMANN & BAUMANN sind von diesen Werken etliche der Abbildungen als Farb- und Schwarzweißtafeln wiedergegeben. Die Texte sind auszugsweise zitiert. Die Kräuterbücher selbst sind nicht abgedruckt. Kern der Arbeit ist die Synonymisierung der in diesen Büchern verwendeten lateinischen Namen und Volksnamen sowie der Abbildungen der Pflanzen mit den heute gebräuchlichen wissenschaftlichen Namen in tabellarischer Form. Als Referenzwerke für die Nomenklatur werden das Handwörterbuch der Pflanzennamen von Zander sowie die Flora Europaea herangezogen. Hauptprobleme bei der Bestimmung der in diesen alten Kräuterbüchern genannten oder abgebildeten Pflanzen sind die vorlinneischen lateinischen Bezeichnungen, die uneinheitliche Verwendung sowohl der lateinischen wie der Volksnamen und schließlich die oft ungenauen, zum Teil stark stilisierten Abbildungen. Etliche der beschriebenen Pflanzen lassen sich daher auch mit viel Fantasie nicht bestimmen. Jedes der drei Werke wird ausführlich beschrieben: Entstehungs¬geschichte, bisherige Bearbeitungen, Forschungsstand zu den Verfassern, Herausgebern und Zeichnern (nicht immer eindeutig bekannt), Wirkung der Werke in ihrer Zeit sowie Korrekturen bisheriger Pflanzen¬bestimmungen und Synonymisierungen anderer Autoren sowie als zentraler Bestandteil jeweils eine Tabelle mit den synonymisierten Namen aller in den Werken genannten Pflanzenarten.

Einige Beispiele aus dem „Gart der Gesundheit“:
druß worz Sedum telephium
dudelkolbe Typha latifolia
dufels abyß Succisa pratensis
eyn gummi also genant Pistacia lentiscus
maioron Origanum majorana
mirr Commiphora myrrha oder C. abyssinica
sant cristoffels krut Osmunda regalis
wilde klee Melilotus officinalis oder M. messaniensis

Ein weiteres Kapitel befasst sich ausführlich mit der Kulturgeschichte einiger Arten, die einen besonderen Stellenwert in diesen Werken besitzen: Steinbrech-Arten, Gurke, Drachenbaum, Zitronen-Arten, Alraune sowie Pflanzen mit seifenähnlichen Eigenschaften. Abgeschlossen wird das Buch mit einer Tabelle mit allen 730 Pflanzenarten der behandelten Kräuterbücher mit synonymisiertem wissenschaftlichen Namen, (altem) lateinischen Namen, Volksnamen und Nennung in den jeweiligen Werken. Eine weitere Tabelle listet alle Arten alphabetisch sortiert nach ihrem Volksnamen oder alten lateinischen Namen und dem wissenschaftlichen Namen auf.
Wer sich mit alten Kräuterbüchern eingehender beschäftigt, für den wird dieses umfangreiche Werk sicher von großem Nutzen sein. Allerdings werden es sich angesichts des doch sehr hohen Preises nur wenige leisten können.

ISBN 978-3-7772-1020-9 (399,- EUR)