BAS-Exkursionen im Rahmen des Kartierprojekts 7016/4 im Sommer 2012


Unterwegs im Albtal zwischen Busenbach und Neurod: BAS-Exkursionen am 7. und 8. Juli 2012 (Naturraum Schwarzwald-Randplatten, TK 7016/4, Gemeinden Ettlingen und Waldbronn).

– Bericht von THOMAS BREUNIG

7. Juli: Albtal NW, W und SW Bahnhof Busenbach, um R 3459500 / H 5421460, Unschärfe 550 m, 160-180 m ü. NN; Kartierer: Thomas Breunig, Kerstin Bach, Ingrid Brenk, Antje Danner, Uwe Fessenbecker, Norbert Höll, Isis Mogut, Siegfried Schneider, Dietmar Schott.

8. Juli: Albtal bei Neurod und untere Talhänge zwischen Neurod und Etzenrot, um R 3460370 / H 5419670, Unschärfe 400 m, 180-240 m ü. NN; Kartierer: Thomas Breunig, Dieter Kühnen, Karola Wiest.

Viele für den Nordschwarzwald typische Arten, eine bemerkenswert artenreiche Ruderal- und Neophytenflora sowie einige im Naturraum seltene Arten, das war das Ergebnis des Kartierwochenendes am 7. und 8. Juli im Albtal zwischen Waldbronn und Ettlingen. An beiden Tagen wurden zusammen 423 Arten an Farn- und Samenpflanzen festgestellt, davon 256 an beiden Tagen und 167 Taxa an nur einem der beiden Tage. Kartiergebiet war am 7. Juli der Quadratkilometer mit den Gauß-Krüger-Koordinaten R 3459 / H 5421, am 8. Juli der mit den Koordinaten R 3460 / H 5419. Zu besonders bemerkenswerten Artenvorkommen sind die genauen Koordinaten angegeben, wobei jeweils von den siebenstelligen Werten die im Satz zuvor genannten ersten vier Ziffern weggelassen werden.

Am ersten Tag begann die Exkursion am Bahnhof Busenbach. Landschaftlich nicht besonders reizvoll, verliefen die ersten 800 m der Exkursion talabwärts durch das Ettlinger Gewerbe- und Wohngebiet an der Pforzheimer Straße. Heide-Nelke (Dianthus deltoides [519/608]), ein großer Bestand der Steinbrech-Felsennelke (Petrorhagia saxifraga [601/619]) und etliche Exemplare des Echten Tännelleinkrauts (Kickxia elatine) im Bereich von Parkplätzen mit Rasengittersteinen waren die ersten bemerkenswerten Pflanzenfunde. Zumindest die beiden erstgenannten Arten dürften aus Einsaaten stammen, von denen ausgehend sie im Nahbereich verwildert in Ruderalvegetation auftraten. Kickxia elatine wurde möglicherweise ebenfalls mit Begrünungssubstrat eingeschleppt. Einige Meter weiter folgte bei [452/684] der überraschendste Fund des Tages: Auf einem weiteren Parkplatz mit Rasengittersteinen wuchsen über tausend Exemplare des salztoleranten Schlitzblättrigen Wegerichs (Plantago coronopus). Diese bislang in Baden-Württemberg nur unbeständig auftretende Art wurde in den letzten Jahren mehrfach an Straßenrändern gefunden, so von Markus Sonnberger an der Autobahn A 6 bei Rauenberg und vom Autor an der Autobahn A 5 bei Karlsruhe und Walldorf; sie zeigt eine gewisse Etablierungstendenz.

Weitere für den Naturraum bemerkenswerte Funde waren in dem Gewerbegebiet Dürrwurz (Inula conyzae [523/616]), Norwegisches Fingerkraut (Potentilla norvegica [494/629]), Dillenius‘ Sauerklee (Oxalis dillenii) und Zweiknotiger Krähenfuß (Coronopus didymus). An dem im Gewerbegebiet mit großen Sandsteinblöcken gesicherten Ufer des Busenbachs wuchs die im Naturraum seltene Bruch-Weide (Salix fragilis) sowie ein Exemplar der Hirschzunge (Asplenium scolopendrium [434/725]). In vergleichbarer Standortsituation kommt dieser Farn noch mehrfach in der Umgebung vor, so zum Beispiel entlang des Wettersbachs (TK 7016/24). Eine typisch ausgeprägte Wegrauken-Gesellschaft am Zaun eines Schrebergartens mit Hühnergehege ergab weitere Artnachweise. Hier wuchsen bei [288/895] Quirlige Borstenhirse (Setaria verticillata), Gänse-Malve (Malva neglecta) und etwa 10 Exemplare der Hohen Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia).

Nach Überqueren der Alb ging es am nordost-exponierten Hangfuß talaufwärts bis zur Mündung der Steigenklinge. Überwiegend verlief die Route durch mehr oder weniger naturnahe Bestände des Hainsimsen-Buchen-Waldes (Luzulo-Fagetum). Sie waren gekennzeichnet durch für den Naturraum typische Säurezeiger wie Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica), Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum), Hasenlattich (Prenanthes purpurea), Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) und Edelkastanie (Castanea sativa). Etwas basen- und nährstoffreichere Standorte als sie verbreitet auf Standorten mit Buntsandstein-Hangschutt auftreten zeigten Große Sternmiere (Stellaria holostea), Einblütiges Perlgras (Melica uniflora) und Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) an.

Ab Höhe Steigenklinge verlief die Exkursionsroute durch Wiesengelände zu einem Steg über die Alb und zurück zum Ausgangspunkt. Bei den Wiesen handelte es sich um durch Magerkeitszeiger charakterisierte Ausprägungen der Glatthafer-Wiese auf frischen und der Kohldistel-Wiese auf feuchten Standorten. Kennzeichnende Arten waren für die frischen Standorte Wiesen-Glockenblume (Campanula patula), Gewöhnliches Zittergras (Briza media), Kleine Pimpernell (Pimpinella saxifraga) und Gewöhnlicher Teufelsabbiß (Succisa pratensis). Kleinflächig trat auf mäßig frischen Standorten die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) auf. Feuchte Standorte waren dagegen gekennzeichnet durch Spitzblütige Binse (Juncus acutiflorus), Brennenden Hahnenfuß (Ranunculus flammula), Moor-Labkraut (Galium uliginosum) und Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre). Trotz der Lage in einem Naturschutzgebiet waren die Wiesen in keinem guten Pflegezustand, was durch das verbreitete Auftreten von Brachezeigern wie Adlerfarn (Pteridium aquilinum) und Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) angezeigt wurde.

In der Alb wuchsen große Bestände einer Wasserstern-Art (Callitriche cf. hamulata) außerdem in mehreren stillen Buchten der Schild-Wasser¬hahnenfuß (Ranunculus peltatus [837/107]). Auf sandig-feuchtem Standort eines nur gelegentlich befahrenen Wegs zu einer Furt durch die Alb fiel ein kleiner Bestand des Niedrigen Fingerkrauts (Potentilla supina [856/195]) auf, einer im Schwarzwald sehr seltenen Art. Östlich des Albufers zeigte die Vegetation bei [883/144] eine Fläche an, auf der kein autochthones Bodenmaterial anstand, sondern basenreiches, verdichtetes Substrat. Hier wuchsen unter anderem Blau-Segge (Carex flacca), Blaugrüne Binse (Juncus inflexus), Schmalblättriges Wiesen¬rispengras (Poa angustifolia), Flaumiger Wiesenhafer (Helictotrichon pubescens), Echtes Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea) und Büschel-Nelke (Dianthus armeria).

Auf einer Ruderalfläche südlich des Bahnhofs Busenbach fanden wir die letzten der 340 am ersten Exkursionstag nachgewiesenen Arten. Bemer¬kenswert waren hier drei Exemplare des Gewöhnlichen Filzkrautes (Filago vulgaris [890/289], welche auf einem Rohbodenstandort mit Kohleschlacke wuchsen, außerdem Vorkommen der Sprossenden Felsennelke (Petrorhagia prolifera) und der Dach-Trespe (Bromus tectorum), allesamt zwar in den nahe gelegenen Hardtebenen nicht selten, im Schwarzwald aber doch eher Besonderheiten.

Am 8. Juli begann die Kartierexkursion etwa 2 km weiter südlich im Albtal bei der Bahnhaltestelle Neurod. Bei dieser Exkursion wurden 339 Taxa nachgewiesen, darunter 83 Arten, die am vorangegangenen Exkursions¬tag nicht festgestellt wurden. Die erste dieser neuen Sippen war die Rote Schuppenmiere (Spergularia rubra) in den Pflasterfugen des Bahnsteigs. Wenig an neuen Arten erbrachte das ehemalige Fabrikgelände südlich der Haltestelle, obwohl hier größere brachliegende Flächen mit Ruderalvegetation vorhanden waren. Interessant war dagegen das westlich der Alb gelegene Wiesengelände. Auf mageren Standorten kamen hier [um 031/863] Bestände einer Glatt¬hafer-Wiese, eines Borstgrasrasens und einer Waldbinsen-Wiese vor, in denen zahlreiche Arten des Extensivgrünlandes wuchsen, unter anderem Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Moor-Labkraut (Galium uliginosum), Hunds-Straußgras (Agrostis canina), Braune Segge (Carex nigra), Teufelsabbiß (Succisa pratensis), Blaues Pfeifengras (Molinia caerulea), Blutwurz (Potentilla erecta), Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), Borstgras (Nardus stricta), Hirsen-Segge (Carex panicea), Dreizahn (Danthonia decumbens) und Wiesen-Glockenblume (Campanula patula).

An der Alb fiel auf sandigem Ufersubstrat der Zweiknotiger Krähenfuß (Coronopus didymus) auf. Dieses Vorkommen der neophytischen Art zeigt, dass sie inzwischen nicht nur auf stark anthropogen geprägten Wuchsorten in Pflasterfugen, Park- und Grünanlagen sowie auf Ruderalstandorten auftritt, sondern auch in naturnaher Vegetation, ebenso wie dies bereits an der Enz zwischen Pforzheim und Mühlacker beobachtet wurde.
Östlich der Alb zeigte die Wiesenvegetation auf Böschungen nördlich des Campingplatzes kleinflächig mäßig trockene bis mäßig frische Standorte an. Hier wuchsen Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus), Büschel-Nelke (Dianthus armeria [331/924]), Echter Schafschwingel (Festuca ovina s.str. [339/941]), Mittlerer Wegerich (Plantago media) sowie die auf den Schwarzwald-Randplatten sehr häufige Hain-Flockenblume (Centaurea nigra subsp. nemoralis).

Der nächste Exkursionsabschnitt verlief durch die Dorfwiesen in der Hangmulde westlich von Etzenrot. Verbreitet wuchsen hier auf mageren, mäßig frischen Standorten Weinbergs-Lauch (Allium vineale) Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius) sowie große Bestände von Feld-Thymian (Thymus pulegioides subsp. chamaedrys) und Heilziest (Stachys officinalis [696/639]). Nur kleine Flächen nahm dagegen in der Tiefenlinie der Hangmulde eine Nasswiese mit Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris) und Blasen-Segge (Carex vesicaria [676/529]) ein.

Abschließend ging es durch den Wald SW der Dorfwiesen zur Straße Etzenrot – Neurod und entlang dieser zurück zum Ausgangspunkt der Exkursion. Mitten in einem Buchen-Fichten-Forst wuchs auf einem kaum befahrenen Waldweg die Indische Scheinerdbeere (Duchesnea indica); seit rund 20 Jahren tritt dieser Neophyt in der Region Karlsruhe auch weitab von Siedlungen auf und ist vollständig eingebürgert. Entlang des Straßenrandes folgten dann weitere Ruderalarten, unter anderem kleine Bestände von Kahlem Bruchkraut (Herniaria glabra) und Schmalblättrigem Greiskraut (Senecio inaequidens). Am Waldrand wuchs zudem die leicht kenntliche Armenische Brombeere (Rubus armeniacus), die häufig verwildert auftritt.

Bisher waren für den Quadranten 7016/4 laut Abfrage unter www.florabw.recorder-d.de 535 Sippen bekannt (Stand 28.9.2012). Hinzu kommen durch die beiden Exkursionen nun weitere 91 Sippen, so dass 626 Taxa für den Quadranten nachgewiesen sind. Durch die intensive floristische Kartierung dieses Quadranten im Jahr 2012 im Rahmen eines Projektes (siehe Pflanzenpresse 25, S. 7-11), an dem sich viele Mitglieder der BAS beteiligt haben, dürften noch zahlreiche weitere Sippen neu nachgewiesen worden sein. Eine Auswertung dieser Erhebungen folgt in der nächsten Ausgabe der Pflanzenpresse.