Fundort – Standort – Wuchsort: Wann welchen Begriff verwenden?


von THOMAS BREUNIG

Die drei Begriffe Fundort, Standort und Wuchsort werden in der floris­tischen und vegetationskundlichen Literatur vielfach verwendet – doch häufig in unterschiedlichem Sinne. In besonderem Maße trifft dies für die Begriffe Standort und Wuchsort zu, die nicht selten als Synonyme betrachtet werden. Es wird deshalb kurz erläutert, welche Inhalte hinter diesen Begriffen stehen und am Beispiel der Wald-Berg­minze (Calamitha menthifolia) wird gezeigt, worin sich die Beschrei­bungen von Fundort, Standort und Wuchsort unterscheiden.

Fundort ist stets geographischer Ort, an dem etwas gefunden wurde, zum Beispiel Pflanzen einer bestimmten Art. Die Fundortangabe kann dabei mehr oder weniger konkret sein: sehr konkret durch die Angabe von Koordinaten (z. B. Rechts-/Hochwerte des Gauß-Krüger-Netzes), konkret durch eine genaue Beschreibung (z. B. „bei Rhein-Kilometer 367,8 am orographisch rechten Ufer“) oder auch vage (z. B. „bei Heidelberg“).

Unter Standort werden dagegen Umweltverhältnisse beschrieben. Teils werden dabei nur abiotischen Faktoren (Bodenart, Wasser- und Nährstoffhaushalt, Klima, Relief etc.) berücksichtigt, teils zusätzlich auch biotische Faktoren und Nutzungen (Wilddichte, Beweidung etc.) So gibt es zum Beispiel kalkhaltige, bodensaure, wechselfeuchte, feuchte, nasse, trockene, flachgründige und lehmige Standorte, auch Rohbodenstandorte und Standorte mit Bodenverdichtung. Die Stand­ortverhältnisse können konkret für einen geographischen Ort angege­ben werden und sind dann unabhängig von dem Vorkommen einer bestimmten Pflanzenart. (z. B. „sandig-kiesiger, kalkhaltiger, verdich­teter Rohboden am Ufer des Fermasees“). So kann auf einer hohen Flugsanddüne ein trockener Standort vorkommen, ob dort nun als Trockenheitszeiger Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium) oder die Silberscharte (Jurinea cyanoides) wachsen oder die Düne völlig unbe­wachsen ist. Ein Standort als solcher kann nicht verschwinden, es können sich höchstens bestimmte Standortverhältnisse verändern.

Erfolgen Standortangaben nicht konkret für einem geographischen Ort sondern als Beschreibung der Standortansprüche einer Pflanzensippe, ähneln sie den Wuchsortangaben, sind aber weniger umfassend.

Der Wuchsort ist im Gegensatz zum Standort immer an eine Pflanzen­sippe gebunden. Er ist die mehr oder weniger umfassende Beschrei­bung der Situation, in der eine Pflanzensippe wächst einschließlich der Standortangaben. Der Wuchsort kann entweder konkret für eine bestimmte Population an einem bestimmten geographischen Ort beschrieben werden oder aber allgemein ohne Ortsbezug durch die Beschreibung der für eine Pflanzensippe typischen Verhältnisse.

Um Standort und Wuchsort möglichst klar zu trennen, wird empfoh­len, unter Standort nur abiotische Faktoren zu betrachten, bei Wuchs­ort zusätzlich alle weiteren Faktoren.

 

Beispiele für Calamintha menthifolia

Fundort

TK 6717/2, Hardtebenen, Rhein-Neckar-Kreis, Gemeinde Malsch: 800 m nördlich des Bhf. Rot-Malsch, am Waldweg westlich der Bahnlinie, 107 m ü. NN.

Standort (konkret: bezogen auf einem Fundort)

Auf schwach kalkhaltigem, sandig-lehmigem Hochflutsediment, mäßig frischer, zeitweise beschatteter Standort am Waldwegrand.

Standort (allgemein: für die Art typische Standortverhältnisse)

Calamintha menthifolia wächst auf mäßig trockenen bis mäßig fri­schen, selten auch auf trockenen sowie frischen bis mäßig feuchten Standorten auf basenreichem, zumeist auch kalkhaltigem Substrat.

Wuchsort (konkret: bezogen auf einem Fundort)

Im Saum eines Stieleichen-Hainbuchen-Waldes am Rand eines Wald­wegs auf dem gelegentlich gemähten Wegrain; auf mäßig frischem schwach kalkhaltigem, sandig-lehmigem Standort.

Wuchsort (allgemein: für die Art typische Wuchsortverhältnisse)

Calamintha menthifolia wächst auf mäßig trockenen bis mäßig fri­schen, basenreichen, zumeist auch kalkhaltigen Standorten im Saum von Hecken, und Wäldern, in Lichtungen von Trockenwäldern, an Wald- und Feldwegrändern, auf Böschungen und Bahndämmen sowie in Streuobstgebieten unter Obstbäumen. Meist tritt die Art in Saum­vegetation der Verbände Trifolion medii und Geranion sanguinei auf, selten auch in nitrophytischer Saum- und Ruderalvegetation der Klasse Artemisietea.