Sonstige methodische Hinweise


Floristische Erhebungen im Rahmen der ÖFS: Methodische Vorgaben

Floristische Erhebungen im Rahmen der Ökologischen Flächenstichprobe
Methodische Vorgaben

Version 5, Thomas Breunig, 28. März 2021
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Ziel der Erhebungen
Die Erhebungen sollen auf reproduzierbare Weise die Flora der wildwachsenden Pflanzenarten (Farn- und Samenpflanzen) auf den bundesweit repräsentativ gezogenen Stichprobenflächen erfassen. Wenn die gleichen Flächen im Abstand von einigen Jahren auf die gleiche Weise wieder untersucht werden, werden die floristischen Veränderungen sichtbar und können quantifiziert und statistisch gut abgesichert dargestellt werden. Dafür ist es aber notwendig, dass die methodischen Vorgaben genau eingehalten werden.
 
1. Untersuchungsflächen
Untersucht werden quadratische Stichprobenflächen von jeweils 1 km² Größe. Diese Flächen sind vorgegeben und entsprechen in ihrer Lage den bundesweit gezogenen Bereichen der Ökologischen Flächenstichprobe [ÖFS oder auch „BRS“ – Biologisch relevante Stichprobenfläche genannt].
 
Arten dürfen nur innerhalb dieser Flächen notiert werden. Selbst nur knapp außerhalb wachsende Arten dürfen nicht erfasst werden

Läuft durch den Quadratkilometer eine TK- oder Quadrantengrenze, so darf keine Exkursionsroute über diese Grenze verlaufen. Damit wird gewährleistet, dass die erhobenen Daten auch für die landesweite floristische Rasterkartierung verwendet werden können.
 
Karten und Luftbilder dieser Flächen werden zur Verfügung gestellt. [Maßstab 1:10.000]
 
2. Zu erfassende Farn- und Blütenpflanzen
Auf den Stichprobenflächen sollen möglichst alle wild wachsenden Sippen an Farn- und Blütenpflanzen erfasst werden. Nicht notiert werden dürfen dagegen Pflanzen, die in der Stichprobenfläche nur kultiviert (angepflanzt oder eingesät) vorkommen, auch wenn es sich um einheimische Arten handelt, z.B. um Sand-Birke (Betula pendula) ineiner gepflanzten Baumreihe. Treten kultivierte Arten zugleich auch verwildert oder mit Normalstatus (spontan aufgewachsen und wahrscheinlich von einer spontan aufgewachsenen Pflanze abstammend, s. u.) auf, werden sie dagegen erfasst.

3. Art der Erfassung und Erfassungsintensität
Auf den Untersuchungsflächen sollen drei halbtägige Begehungen von etwa 4 Stunden Dauer durchgeführt werden. Bei diesen drei Begehungen sollen jeweils alle sicher ansprechbaren Sippen notiert werden. Dies bedeutet, dass auch Arten notiert werden, die bei einer früheren Begehung schon einmal erfasst wurden.
 
Von den Begehungen soll jeweils eine in den Monaten April/Mai, Juni/Juli sowie August-Anfang Oktober durchgeführt werden.
 
Wichtig: Bitte nicht weitere Begehungen durchführen, auch wenn durch den Quadratkilometer eine TK-Quadrantengrenze verläuft. Auch dann bitte nur 3 Artenlisten erstellen und nicht doppelt so viele!
 
Die Begehungszeit schließt kurzes Nachschlagen nach Bestimmungsmerkmalen mit ein, nicht jedoch Pausen und längere Zeiträume, in denen Pflanzen bestimmt werden.
 
Die Routen der drei Begehungen können innerhalb der Stichprobenfläche frei gewählt werden. Durch die drei Begehungen sollen aber möglichst viele Wege, Strukturen und Biotoptypen innerhalb des Quadratkilometers zumindest einmal begangen worden sein. Wichtig ist, dass zumindest jeder vorkommende Nutzungstyp (Wald, Siedlung, Acker, Wiese, Weinberg etc.) einmal aufgesucht wurde. Bei der 2. und 3. Exkursion werden deshalb in der Regel andere Routen gewählt als bei der 1. Exkursion. Ausgenommen sind Wegabschnitte, auf denen man aus phänologischen Gründen davon ausgeht, bei einer weiteren Begehung mehr weitere Arten nachweisen zu können als bei der Wahl einer anderen Route.
 
Ausgenommen von der völlig freien Routenwahl sind Stichprobenflächen, durch die eine TK-Quadrantengrenze verläuft. Bei diesen Flächen sind die Begehungen so zu legen, dass die angefertigten Artenlisten jeweils eindeutig einem der Quadranten zugeordnet werden können. Die TK-Quadrantengrenzen sind auf den zur Verfügung gestellten Karten eingetragen.
 
Die Begehungen müssen dann auf die Quadranten verteilt werden, es bleibt aber insgesamt bei 3 Begehungen und entsprechend vielen Artenlisten (nicht doppelt so viele!).
 
Zusätzlich können weitere Begehungen durchgeführt werden, bei denen nur die bis dahin noch nicht festgestellten Sippen notiert werden müssen. Diese Listen müssen gesondert gekennzeichnet werden: „Liste gehört nicht zur Stichproben-Erhebung“.
 
Verwendet werden sollen für die Artenlisten die Erhebungsbögen der BAS. Diese werden zur Verfügung gestellt.
 
Alternativ wird eine Erfassungs-App (für Betriebssystem Android) zur Verfügung gestellt. Diese kann mit einer Anleitung bei der BAS-Geschäftsstelle angefordert werden. Sie hat den Vorteil, dass bei der Arteingabe automatisch die genauen Koordinaten erfasst werden und dass das nachträgliche Digitalisieren der Artenliste nicht mehr erforderlich ist.
 
Von gefährdeten Arten (RL-Grade 3, 2, 1, 0 und R) sowie von im Gebiet seltenen Arten (nach Einschätzung der Kartierer*in) sollen die Fundortkoordinaten ermittelt werden. Besitzt eine gefährdete Art ausnahmsweise einmal viele Populationen auf einer Stichprobenfläche, ist es ausreichend, wenn nur die ersten drei Nachweise dokumentiert werden.

Ein Formblatt zur Dokumentation der Fundortkoordinaten wird zur Verfügung gestellt.
 
Die Sippen sollen so genau wie es den einzelnen Kartierer*innen möglich ist angesprochen werden: Aggregate sollen nur dann angegeben werden, wenn die Art nicht sicher angesprochen werden kann. Die Erfassung von Unterarten ist erwünscht, aber nicht zwingend notwendig. Es dürfen aber in jedem Fall nur sichere Angaben gemacht werden. Kann eine der festgestellten Sippen nicht sicher angesprochen werden, wird sie entweder nicht erfasst oder aber als entsprechend unsichere Angabe dokumentiert, zum Beispiel Ophrys spec., wenn sicher ist, dass es sich um eine Ragwurz-Art handelt, aber unklar ist, um welche Art es sich handelt.
 
4. Kopfdaten
Zu jeder Begehung sind die folgenden Kopfdaten auf den BAS-Erhebungsbögen anzugeben:
 
a. Kartierer*in, gegebenenfalls zusätzlich Mitkartierer*in;
 
b. Datum, tagesgenau;
 
c. Projekt: „BAS_ÖFS“
 
d. Dauer der Begehung
 
e. Gauß-Krüger-Koordinaten des Mittelpunkts der Kartierstrecke bzw. des Einzelfundorts; Mittelpunkt = Zentrum des kleinstmöglichen Kreises, der um die Kartierstrecke gelegt werden kann
 
f. Unschärfe in Meter = Radius des unter Punkt e ermittelten kleinstmöglichen Kreises, der die gesamte Kartierroute umschießt;
 
g. Nummer der TK 25 und des Quadranten;
 
h. Höhenangabe: Höchster und tiefster Punkt der einzelnen Exkursionsroute (nicht des Quadratkilometers!)
 
i. knappe geographische Angabe der Begehungsstrecke, z.B. „Feldflur westlich Baiertal“;
 
j. grobe Angabe der dabei aufgesuchten Biotoptypen mittels folgender Kategorien:
Laubwald, Mischwald, Nadelwald, Fließgewässer, Stillgewässer, Feuchtbiotop (= Röhrichte, Riede, Hochstaudenflur, amphibische Bereiche), Acker, Wiese, Weide, Extensivgrünland, Gehölzbestand (= Feldhecke, Feldgehölz, Gebüsch), Ruderalflur/nicht feuchte Brachfläche, Siedlungsfläche,
Verkehrsfläche (mit Straßenbegleitgrün);
 
k. Listennummer: ÖFS + Nr. der ÖFS-Fläche + fortlaufende Nummer, z.B. „ÖFS_104_01“. Bitte Nummerierung genau so vornehmen, sonst entsteht unnötiger Zusatzaufwand bei der Auswertung der Daten;
 
5. Angabe des Natürlichkeitsgrads des Vorkommens
 
Bei Sippen, die nicht mit Normalstatus vorkommen, soll der Natürlichkeitsgrad (floristischer Status) angegeben werden. Der Normalstatus ist folgendermaßen definiert:
 
Normalstatus besitzt das Vorkommen einer Sippe dann, wenn angenommen wird, dass sie am Fundort spontan aufgewachsen ist und auch von einer spontan aufgewachsenen Pflanze abstammt und zudem im Gebiet beständig ist. Bei der Kartierung soll deshalb darauf geachtet werden, ob es Hinweise für eine Anpflanzung/Einsaat gibt (z.B. Baumreihe, Saatreihen, gepflanztes Straßenbegleitgrün, exotische Begleitarten) und ob es wahrscheinlich ist, dass die Pflanzen von einer spontan aufgewachsenen Pflanze abstammen oder doch eher von einem gepflanzten Exemplar (z.B. aus einem Garten verwildert). Dies ist vor allem bei Pflanzenarten anzunehmen, von denen keine wildwachsenden Populationen in der Region oder im Naturraum bekannt sind.
 
Besitzt die Pflanze keinen Normalstatus, ist eine der folgenden Kategorien anzugeben:
 
SYN = synanthrop
Es handelt sich um einen der vier folgenden Fälle, um welchen genau ist unklar.
 
V = verwildert
Die Pflanzen stammen [wahrscheinlich] von kultivierten Exemplaren ab und haben sich ohne bewusstes menschliches Zutun an einem neuen Wuchsort angesiedelt (z.B. Verbreitung der Diasporen/Samen durch Vögel, Wind oder Hochwasser).
 
NV = nahverwildert
Wie „V“, jedoch nur in direktem räumlichem Kontakt zu den kultivierten Ausgangsexemplaren, zum Beispiel Zierpflanzen, die lediglich den Sprung über den Gartenzaun geschafft haben oder junge, spontan aufgewachsene Rosskastanien in der direkten Nähe zu gepflanzten Rosskastanien.
 
VS = verschleppt
Von Gärten, Parks oder anderen Flächen mit Zier- oder Nutzpflanzen in die freie Landschaft ausgebrachte Art. Verschleppung meist mit Gartenabfällen oder mit Schnittgut.
 
A = angesalbt
Vom Menschen in die freie Landschaft gebracht, aber dort nicht kultiviert, genutzt, oder gepflegt, sondern sich selbst überlassen bleibend; zum Beispiel Rohrkolben-Anpflanzung an einem Tümpel oder Orchideenansiedlung in einem Naturschutzgebiet.
 
 
U = unbeständig
Im Gebiet nicht etablierte Sippe, die an dem konkreten Beobachtungsort mit hoher Wahrscheinlichkeit nur kurzzeitig auftreten wird, zum Beispiel aus Vogelfutter-Saatgut aufgewachsene, nicht frostresistente mediterrane Grasart.
 
Wichtig: Sippen, von denen nur kultivierte (Status K: angepflanzt, auch schon vor längerer Zeit, oder eingesät) Exemplare festgestellt werden, werden nicht erfasst.
 
6. Dokumentation und Dateneingabe
Die Routen der einzelnen Begehungen sollen auf den zur Verfügung gestellten Karten möglichst genau festgehalten und so gekennzeichnet werden, dass ersichtlich ist, welche Strecke zu welcher Artenliste gehört.
 
Die Artenlisten und Einzelbeobachtungen sind entweder mit dem Erfassungsprogramm AEP-Forte einzugeben (Handbuch zu diesem Programm wird digital zur Verfügung gestellt) und als Datei an die Geschäftstelle der BAS zu liefern (wird bevorzugt) oder auf den zur Verfügung gestellten Erhebungsbögen abzugeben. Eine Datenübergabe in anderer Form ist wegen des ansonsten zu hohen Bearbeitungsaufwands nicht möglich.

7. Nomenklatur
Verwendet werden soll die Nomenklatur der neuen Florenliste Baden-Württemberg (Buttler, Demuth & Breunig 2019: www.lubw.baden-wuerttemberg.de), auf welcher auch die zur Verfügung gestellte Anstrichliste und die Namen der Erfassungs-App basieren.

8. Notwendige Unterlagen
Bestimmungsbuch, Schreibwerkzeug, Klemmhefter, Erhebungsbögen der BAS, Plastiktüten zum Pflanzensammeln, Anker zum Herausfischen von Wasserpflanzen, Lupe, topographische Karte und Luftbild des Untersuchungsgebiets.
 
Nach Möglichkeit Erfassungsprogramm AEP Forte (wird von der BAS kostenlos zur Verfügung gestellt) und ein GPS-Geräte für die Ermittlung der Koordinaten. Diese können aber auch nachträglich am Schreibtisch mit Hilfe einer digitalen Karte/Luftbild ermittelt werden, z.B. mittels Karte oder Luftbild auf www.geoportal-bw.de (Koordinaten werden rechts unten angezeigt; Koordinatensystem Gauß-Krüger 3 auswählen).


Fundort – Standort – Wuchsort: Wann welchen Begriff verwenden?

von THOMAS BREUNIG

Die drei Begriffe Fundort, Standort und Wuchsort werden in der floris­tischen und vegetationskundlichen Literatur vielfach verwendet – doch häufig in unterschiedlichem Sinne. In besonderem Maße trifft dies für die Begriffe Standort und Wuchsort zu, die nicht selten als Synonyme betrachtet werden. Es wird deshalb kurz erläutert, welche Inhalte hinter diesen Begriffen stehen und am Beispiel der Wald-Berg­minze (Calamitha menthifolia) wird gezeigt, worin sich die Beschrei­bungen von Fundort, Standort und Wuchsort unterscheiden. (mehr …)


Welche Bedeutung hat bei wissenschaftlichen Pflanzennamen die Angabe des Autors?

Warum bei der Floristischen Kartierung Konzeptsippen wichtiger sind als die Angabe des Autorennamens.

von THOMAS BREUNIG

Vortrag beim Kartierertreffen im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart am 27. Februar 2016

Autorennamen von wissenschaftlichen Pflanzennamen und ihre Abkür­zungen kennen wir alle, zum Beispiel L. für Linnaeus oder „DC.“ für De Candolle, einem Schweizer Botaniker aus Genf. Was diese Autorennamen aussagen, ist aber nach Manfred A. Fischer, einem der Autoren der Exkursionsflora von Österreich, Lichtenstein und Südtirol, „leider weithin entweder unbekannt oder aber, was schlimmer ist, sie werden falsch verstanden.“ Ausführlich begründet er dies in einem lesenswerten Artikel in Band 7 (S. 195-229) der Zeitschrift Neilreichia, dessen Kernaussagen im Folgenden mitgeteilt werden.

Woher kommt das? (mehr …)


Autorenhinweise für die Berichte der Botanischen Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutschland

von DAGMAR LANGE, Landau

unter Mitarbeit des Redaktionsbeirates

Jedes eingereichte Manuskript wird von Gutachtern beurteilt, die über Annahme, Korrekturen oder Ablehnung entscheiden. Von jeder publizierten Originalarbeit werden 50 und von den Kurzbeiträgen 20 Sonderdrucke kostenlos abgegeben. Für die einzureichenden Originalbeiträge und Kurzbeiträge gelten die im folgenden zusammengestellten Richtlinien, zum Aufbau der Fundortmitteilungen siehe Breunig (Ber. Bot. Arbeitsgem. Südwestdeutschland 1: 65-79, 2001). (mehr …)