Besprechung von THOMAS BREUNIG, Karlsruhe
Krokusse, Tulpen, Primeln – wer in diesem Frühjahr Pflanzen bestimmen möchte, muss sich nicht mehr auf Wildpflanzen beschränken: Erschienen ist Band 5 des „Rothmalers“, der die Bestimmung der in Deutschland im Freiland kultivierten krautigen Nutz- und Zierpflanzen ermöglicht. Damit ist eine große Lücke in der deutschsprachigen wissenschaftlichen Bestimmungsliteratur geschlossen. Abgesehen von sehr seltenen Kultur- und Adventivpflanzen dürften nun fast alle im Freiland auftretenden Farn- und Samenpflanzen mit einem der Rothmaler-Bände oder mit einer Gehölzflora bestimmbar sein.
Behandelt und verschlüsselt sind etwa 3000 Arten, also ähnlich viele wie die Wildflora Deutschlands an Farn- und Samenpflanzen beherbergt. Die Bestimmungsschlüssel zeigen den von Band 4 (Gefäßpflanzen, Kritischer Band) gewohnten und bewährten Aufbau, wobei deutlich mehr Abbildungen die Schlüssel ergänzen und die Bestimmung erleichtern. Bei vielen Gattungen erfolgen Hinweise auf weiterführende Literatur. Bei den Arten werden Sorten und Sortengruppen genannt und kurz beschrieben, nicht aber verschlüsselt. Hier deuten sich die Grenzen der Bestimmungsmöglichkeiten mit Band 5 an, die dann noch klarer zum Vorschein treten, wenn – wie häufiger der Fall – auf „zahlreiche Sorten überwiegend hybridogenen Ursprungs“ hingewiesen wird. Nicht ganz erschließt sich, warum die häufig in die Schlüssel eingeschobenen und auch beschriebenen „ähnlichen Arten“ nicht gleich mit verschlüsselt wurden. Verschlüsselt sind dagegen zahlreiche Wildpflanzen, die auch in den Bänden 2 und 4 behandelt werden, wenn diese zumindest gelegentlich auch kultiviert werden, zum Beispiel Holcus mollis (nicht aber Holcus lanatus) und Poa annua (nicht aber die ähnliche, auch in Rasenmischungen enthaltene Poa supina).
Neben den Bestimmungsschlüsseln enthält Band 5 des Rothmalers viele weitere Informationen zu Nutz- und Zierpflanzen. Einleitende Kapitel geben einen guten Überblick zur Herkunft und Einfuhr der Kulturpflanzen sowie zur Systematik und Nomenklatur, wobei besonders auf die Festlegungen des Kulturpflanzen-Code (ICNCP) zu den Sorten und Sortengruppen eingegangen wird. Weitere Kapitel behandeln Lebens- und Wuchsformen (unter anderem mit einer Tabelle der Tiefenlage von Zwiebeln, Knollen und Rhizomen), Klima- und Standortansprüche sowie die Verwendung und Vermehrung der Kulturpflanzen. Ein eigenes Kapitel widmet sich mit erfreulicher Sachlichkeit dem Thema Verwilderung und Einbürgerung gebietsfremder Kulturpflanzen.
Wenn die Bestimmung einer Art gelungen ist, wird man mit einer Fülle von Informationen belohnt. Angaben zur Verwendung, Vermehrung und zu den Standortansprüchen, zur Herkunft und Einführungszeit sowie Kulturhinweise machen das Buch zu einem Muss für jeden ambitionierten Gärtner und Pflanzenliebhaber. Aber auch für den Feldbotaniker, der nicht nur die eindeutig wilden Pflanzen registriert, sondern auch bei verwilderten oder ins Freiland verschleppten Pflanzen wissen möchte, welche Art er vor sich hat, ist das Buch eine große Bereicherung. Es trägt sicher dazu bei, dass Etablierungstendenzen verwilderter Kulturpflanzen in Zukunft früher wahrgenommen werden. Einziger Nachteil: Bei floristischen Kartierungen muss man nun zwei Bücher mit ins Gelände nehmen.