von Steffen Hammel und Bernd Haynold
Das Main-Tauber-Gebiet um Tauberbischofsheim (Naturraum Tauberland) beherbergt deutschlandweit die reichhaltigste Sorbus-Flora. Treffpunkt der Exkursion war der Friedhof von Werbach-Werbachhausen (TK 6324/1). Beim Aufstieg im Buchen-Mischwald konnte am „Leitenberg“ Samenstände von Monotropa hypophegea und Cephalanthera damasonium gefunden werden. Wo der Wald langsam licht wurde, fanden sich vor allem in der ehemaligen Schafweide große Mehrbeeren-Bestände. Sorbus torminalis und die noch namenlose Sorbus graeca s. l. (im weiten Sinne) wurden in Augenschein genommen. Beide sind die Elternarten der in der Regel triploiden und selten tetraploiden Bastard-Mehlbeeren des Main-Tauber-Gebietes.
Als fixierte Art fand sich am Hang die Seybold-Mehlbeere (Sorbus seyboldiana) zahlreich. Der „Leitenberg“ ist der locus typicus der Art. Selten traten noch weitere unbeschriebene Bastarde auf, die sich klar von der Seybold-Mehlbeere abgrenzen ließen. Sie werden unter Sorbus latifolia s. l. (im weiten Sinne) zusammengefasst. Ferner konnte eine schöne spätsommerliche Xerothermvegetation mit Aster amellus, Galatella linosyris und Odontites luteus vorgefunden werden.
Das nächste Ziel war die „Limbachsleite“ nordöstlich von Werbach (TK 6323/2). Mehlbeeren sind hier selten. Im Gebüsch am Rand der Halbtrockenrasen konnte allerdings Sorbus meyeri begutachtet werden. Obwohl erst 2018 ein Mastjahr war, fanden sich am Baum auch in diesem Jahr zahlreiche Beeren (allerdings noch nicht voll ausgereift).
In den Gesellschaften des Gentiano-Koelerietum pyramidatae (Halbtrockenrasen), Teucrio-Seslerietum (Blausgrashalde) sowie der Galatella linosyris–Carex humilis-Gesellschaft (Trockenrasen) war Galatella linosyris häufig. Ebenfalls konnte Sesleria caerulea und wieder Odontites luteus notiert werden.
Weiter ging es zum „Apfelberg“ bei Werbach-Gamburg (TK 6323/2). Am Parkplatz beim „Kalten Bild“ finden sich am Waldrand wieder verschiedene Sorbus latifolia s. l.-Bäume. Ploidiebestimmungen in den Vorjahren erbrachte hier auch einen tetraploiden Bastard. Der „Apfelberg“ ist locus typicus der von Ruprecht Düll 1961 beschriebenen Sorbus badensis. Anhand von Scans der drei Pflanzenbelege im Herbar München wurde die Ansicht der Autoren begründet, warum derzeit von einer nicht korrekten Artbeschreibung ausgegangen wird. Es wurden Belege in zwei unterschiedlichen Jahren gesammelt. Die Aufsammlung vom 10. September 1960 entspricht am ehesten dem, was wir derzeit als Sorbus badensis kartieren. Bei den beiden anderen Belegen vom 7. Mai 1961 handelt es sich um einen oder mehrere Bäume, die aktuell unter dem von L. Meierott und N. Meyer verwendeten Arbeitsnamen „Sorbus moenofranconica“ laufen (Unterschiede u.a. Behaarung Blattunterseite, Blattgrund keilig oder gerundet). Dass unterschiedliche Bäume besammelt wurden, zeigt sich auch bei den Belegen von R. Düll in seinem Privatherbar. Auf der Schede im Privatherbar vom 10.09.1960 (SN 1041) findet sich der Hinweis: „Fr. (unreif) fast rot“. Der Beleg in M (SN 1040) vermerkt: „Fr. kirschrot“. Wir führen die Sippe daher aktuell nur mit „Anführungszeichen“.
Beim Aufstieg am Apfelberg fanden sich am Waldsaum einige Sorbus graeca s. l. und wenige Bäume der besagten „Sorbus badensis“, beide Mehlbeeren auch mit Früchten. Die Halbtrockenrasen des Apfelberges sind stark xerotherm ausgeprägt. Ein Nachweis der vom Aussterben bedrohten Italienischen Schönschrecke (Calliptamus italicus) soll hier Erwähnung finden. In den Rasen, am Waldrand und im Wald finden sich unterschiedliche Sorbus latifolia s. l. Im Gebüsch des Halbtrockenrasens fand sich überraschenderweise eine Sorbus aria s. l., die nicht den im Gebiet üblichen Sorbus graeca s. l. entspricht. Da Sorbus aria s. str. im Gebiet nicht vorkommt, ist von einer Verwilderung eines Straßenbaumes auszugehen. Am Hangkopf (SW-Seite) findet sich dann nochmals ein Baum, der als „Sorbus badensis“ kartiert werden kann. Ein Standardblatt davon ist in Hammel & Haynold (2015: 64) abgebildet.
Die Exkursion endete in der „Bremenleite“ bei Tauberbischofsheim (TK 6323/4). In den dortigen Rasen bzw. im Gebüschaufwuchs fanden sich Bastard-Mehlbeeren, die zum Sorbus herbipolitana / Sorbus “moenofranconica“-Komplex gehören.
Die Benennung der Pflanzen erfolgte entsprechend der Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands (Buttler et al. 2019); ergänzend nach Hammel & Haynold (2015).
Literatur
Buttler K. P., May R. & Metzing D. (Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz) 2018: Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands. Florensynopsis und Synonyme. – BfN-Skripten 519. 286 S.; Bonn-Bad Godesberg.
Hammel S. & Haynold B. 2015: Sorbus seyboldiana – eine neue Mehlbeere aus Baden-Württemberg und Bayern. – Jh. Ges. Naturkde. Württemberg 171: 51-68.