Tägliche Archive: 28. Dezember 2009


Mazomeit, J. 2009: Pflanzenraritäten am Oberrhein. Beispiele aus Ludwigshafen und Mannheim. – Pollichia, Sonderveröffentlichung Nr. 15. 160 S.; Neustadt an der Weinstraße. ISBN 978-3-925754-56-2 (€ 21,80)

Besprechung von THOMAS JUNGHANS

Pflanzenraritäten am Oberrhein

Um es gleich zu sagen: Der Autor hat mit dieser Buchveröffentlichung sein Ziel – den an Natur interessierten Bürgern im Raum Ludwigshafen/ Mannheim einen Einblick in die bemerkenswerte Pflanzenwelt der Region zu geben – voll erreicht. Das schön gebundene Buch bietet auf rund 160 Seiten ebenso viele sehr gute Pflanzenfotos, durchweg in Farbe und zu einem moderaten Preis. Da es nicht nur dem botanischen Laien eine erste Orientierung, sondern darüber hinaus auch dem Regionalfloristen durchaus manches Neue bietet, ist dem Werk eine weite Verbreitung zu wünschen. Somit können in der sicher bald nötig werdenden zweiten Auflage auch einige kleinere Fehler korrigiert werden: So eignet sich Pulicaria vulgaris etwa nicht als Beispiel für ein „eigentümliches Verbreitungsbild“, weil die Art „in unserem Raum nur vom Neckarufer bekannt ist“ (S. 12), da das Kleine Flohkraut (zumindest in Mannheim) auch an Rhein und Altrhein vorkommt. Etwas unklar bleibt auch der Status von Juglans regia, auf deren seit der Steinzeit erfolgte Nutzung hingewiesen wird (also ist die Art ein Archäophyt), während es kurz darauf heißt, dass die Sippe bei einer Untersuchung „das am stärksten verbreitete neophytische Gehölz“ war (S. 110/111).
Da so manche Daten wohl erst nach Redaktionsschluss publiziert wurden, konnten diese nicht mehr in das Buch aufgenommen werden (eine aktualisierte Literaturliste kann beim Rezensenten per E-Mail ange-fordert werden). Derartige Ergänzungen betreffen zum Beispiel Arum italicum (S. 20/21), Hyoscyamus niger (S. 32/33), Orobanche reticulata (S. 38/39) und Verbascum blattaria (S. 40/41), für die auch auf der rechten Rheinseite Standorte bekannt sind. Gleiches gilt für Leonurus cardiaca subsp. villosus, der nach Mazomeit „im Raum Mannheim/Lud-wigshafen aktuell noch nicht beobachtet wurde“ (S. 44/45). Auch das Vorkommen von Cucubalus baccifer in Mannheim bleibt unerwähnt (S. 80/81).
Überhaupt fällt auf, dass der Schwerpunkt der Betrachtung offensichtlich auf Pfälzer Seite liegt, da hier z.B. die für die floristische Forschung der letzten Jahre maßgeblichen Personen mehrfach namentlich genannt werden. Für Nordbaden würde man sich dies durchaus auch wünschen, so könnte man – zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Erstfund von Chenopodium pumilio für Baden-Württemberg (Rheinauhafen Mannheim, 1976) mit der Nennung von Friedrich Schölch auch dessen Verdienste um die floristische Kartierung im Raum Mannheim-Heidelberg angemessen würdigen. Zudem sollte bei Arten, die ausdrücklich erwähnt werden und nicht vom Autor entdeckt wurden, auch der Finder genannt werden, zum Beispiel Uwe Amarell im Falle des Vorkommens von Solanum carolinense im Mannheimer Industriehafen (S. 133).
Abschließend sei dem Rezensenten noch eine Bemerkung zu den Folgen Biologischer Invasionsprozesse gestattet. Mazomeit schreibt hierzu: „Angesichts der starken Ausbreitungskraft und der Neigung, andere Pflanzen zu verdrängen, ist das Schmalblättrige Greiskraut nicht unprob¬lematisch“ (S. 146/147). Ob man Senecio inaequidens auf urban-industriellen Flächen nun als Bereicherung empfindet oder nicht, ist Geschmacksache. Zur Gefährdung für andere Arten wird die Sippe hier jedoch kaum. Dies ist nach eigenen Beobachtungen auch auf natur-näheren Standorten (zum Beispiel ruderale Sandmagerrasen) zumeist nicht der Fall, da die Sippe auf derartigen Flächen seit vielen Jahren in großen Beständen auftritt, ohne sich jedoch negativ auf das Vorkommen seltener oder gefährdeter Arten wie z.B. Myosotis stricta auszuwirken. Insofern sollte man derartige Bewertungen am besten nur auf der Grundlage entsprechender Daten vornehmen, vor allem wenn man sich hauptsächlich an fachfremde Laien wendet, da hier vorschnell der Bildung bzw. Bestätigung von Vorurteilen Vorschub geleistet werden könnte.

Bestellbar im Buchhandel oder bei Pollichia – Verein für Naturforschung und Landespflege e. V., Bismarckstr. 33, D-67433 Neustadt an der Weinstraße.


Kartierwochenende am 11./12. Juli 2009 am Bodensee (TK 8120/3)

von THOMAS BREUNIG

ie Erfassung von Farn- und Samenpflanzen im Quadranten 8120/3 war Ziel des Kartierwochenendes am 11. und 12. Juli 2009. An der Kartierung beteiligt waren Thomas Breunig, Gunter Müller, Monika Müller und Harald Streitz. Untersucht wurden bei vier halbtägigen Exkursionen Landschaftsaus-schnitte des Naturraums Hegau – Westliches Bodenseebecken zwischen den Ortschaften Bodman, Ludwigshafen, Espasingen und Stockach sowie die Ortslagen von Bodman und Ludwigshafen. Geologisch gekennzeichnet ist das zwischen 395 und 572 m ü. NN gelegene Exkursionsgebiet durch Untere Süßwassermolasse, würmzeitliche Grundmoränen und pleistozänen Hangschutt. Insgesamt hatten die vier Exkursionsrouten eine Länge von 11,2 Kilometer. Nimmt man bei vier Teilnehmern großzügig einen Beobachtungsstreifen von durchschnittlich 20 m Breite an, ergibt sich eine Beobachtungsfläche von 22,4 Hektar, was einem Flächenanteil von 0,64 % an dem etwa 35 km² großen Quadranten entspricht. Auf dieser Fläche wurden 457 Sippen registriert, davon 261 nur bei einer Exkursion, 116 bei zwei Exkursionen, 77 bei drei Exkursionen und 63 auf allen Exkursionsrouten. Von den festgestellten Sippen waren 92 neu für den Quadranten, so dass sich dessen nachgewiesener Artenbestand von 624 auf 716 erhöhte.

Treffpunkt und Start der ersten Exkursion war der Bahnhof von Ludwigs-hafen.

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Ottich, I., Bönsel, D., Gregor, T., Malten A. & Zizka G. 2009: Natur vor der Haustür – Stadtnatur in Frankfurt am Main. Ergebnisse der Biotopkartierung. – Kleine Senckenberg-Reihe 50: 204 S.; E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart. ISBN 978-3-510-61393-9.

Besprechung von THOMAS BREUNIG

Seit 1985 führt die Arbeitsgruppe Biotopkartierung am Forschungsinstitut Senckenberg Untersuchungen zu Flora, Fauna und Biotopen in Frankfurt am Main durch. Mit dem vorliegenden Band aus der Kleinen Senckenberg-Reihe sollen die „Ergebnisse zur Biodiversität durch Publikation auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich“ gemacht und „einige neuere Ergebnisse der Arbeitsgruppe Biotopkartierung“ präsentiert werden.
Ein einführender Teil enthält allgemeine Informationen zum Frankfurter Stadtgebiet, einen kleinen Überblick zu den Frankfurt betreffenden botanischen Sammlungen des Senckenberg-Instituts sowie Informationen zur Biotopkartierung selbst und den dabei durchgeführten Untersuchungen.
Im anschließenden Hauptteil werden auf 127 Seiten Lebensräume des Stadtgebiets vorgestellt: Streuobst, Grünland, Magerrasen und Heiden, Brachen, Fließgewässer, Stillgewässer und Wald. Unter dem Motto „Bio-diversität erleben“ werden außerdem drei Spaziergänge durch den Stadtwald und zwei besondere Biotope in Frankfurt beschrieben: das Lönswäldchen und der Alte Flugplatz.
Den Abschluss bilden ein sechsseitiger Überblick zu den Naturschutzgebieten in Frankfurt, ein Ausblick auf die Stadtnatur der Zukunft und ein Anhang mit einer Reihe von Artenlisten.
Der Band ist reich bebildert, die Bilder sind dabei von recht unterschied-licher Qualität. Neben den zum Teil hervorragenden Pflanzen- und Tierporträts fallen die Vegetations- und Landschaftsbilder zum Teil stark in ihrer Qualität ab. Die Bildunterschriften sind nicht immer treffend, zum Beispiel wenn es bei Abb. 40 heißt „Grünland ist ein prägendes Landschaftselement“, abgebildet sind jedoch landschaftsprägende Kopfweiden. Bei den abgebildeten Herbarbelegen fehlt leider die Angabe, um welche Arten es sich handelt.
Nicht sehr vergnüglich ist das Lesen der Texte. Man war sich offensichtlich nicht im Klaren, wen man mit der „interessierten Öffentlichkeit“ ansprechen wollte. So reichen die Formulierungen vom Fachchinesisch (S. 54: „ Die […] Zwergstrauchheide ist geprägt von der Dominanz der Calluno-Ulicetalia-Ordnungskennart Besenheide (Calluna vulgaris)“ bis hin zu banalen Aufzählungen wie der, dass ein Baum aus Wurzeln, Stamm, Ästen, Rinde, Blättern, Blüten, Früchten, abgestorbenen Ästen und Baumhöhlen bestehen kann und dass dies unterschiedliche Habitattypen im Lebensraum Streuobst sind (S. 29). Vielfach verwendet wird ein „naturschutzfachliches Gutachterjargon“, dabei wird der Begriff Biodiversität sehr strapaziert. So wird der interessierte Laie eher abgeschreckt und der sachkundige Leser langweilt sich.

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