Tägliche Archive: 6. Dezember 2019


Starke-Ottich, I. & Zizka G. 2019: Stadtnatur in Frankfurt – vielfältig, schützenswert, notwendig. Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, 252 S.; Frankfurt [ISBN 9783510614141]

von Juliane Schalejda

Frankfurt und Natur? Frankfurt und Wildnis? Die wenigsten werden spontan zu diesen Assoziationen mit der großen Stadt am Main kommen. Das neu erschienen Buch „Stadtnatur in Frankfurt – vielfältig, schützens­wert, notwendig“ der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung befasst sich genau damit. Auf rund 190 Seiten wird der Zustand der Natur innerhalb der Frankfurter Stadtgrenzen und seine Entwicklung erläutert – teilweise reichen die verwendeten Daten über mehr als 100 Jahre zurück. Gleichzeitig werden Ideen, aber auch Grenzen für die zukünftige Entwicklung der Stadtnatur aufgezeigt. Das Buch ist in mehrere Themen­blöcke unterteilt.

In einer Einführung wird der Schwerpunkt des Buches erläutert: der Analyse des Wandels der Vielfalt der Natur in den letzten Jahrzehnten. Die Auswertung basiert auf der seit 1985 und mittlerweile in der sechsten Runde laufenden Biotopkartierung auf dem Stadtgebiet sowie auf der Sichtung von Florenwerken, Aufzeichnungen von Botanikern und Zoologen.

Im ersten Themenblock „Stadtnatur Frankfurt“ wird die Entwicklung der Stadtnatur in der Vergangenheit und in der Zukunft erörtert. Besondere Lebensräume werden in eigenen Kapiteln behandelt: Stadtbäume, Vogelschutzgehölze, Streuobstwiesen und Kalkstandorte. Den Abschluss bildet eine Übersicht über die Erfassung der Frankfurter Pilzfauna: In Frankfurt wurden bislang 1.528 Pilzarten festgestellt – mehr Arten als bei den Blütenpflanzen.

Der zweite Themenblock befasst sich mit besonderen Tieren im Stadt­gebiet: Lurchen wie Feuersalamander und Knoblauchkröte, dem Fluss­regenpfeifer und Raubtieren. Hier werden die Schwierigkeiten des Biotop- und Artenschutzes in einer wachsenden Stadt abermals deutlich sichtbar.

Im dritten Teil des Buches, mit „Frankfurt wagt Wildnis“ überschrieben, wird das Projekt „Städte wagen Wildnis – Vielfalt erleben“ vorgestellt, welches im Rahmen des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ geför­dert wird. Die Frankfurter Wildnisgebiete liegen am „Monte Scherbelino“ und im „Nordpark Bonames“. In diesem Zusammenhang wird der Konflikt zwischen den Zielen Prozessschutz und maximale Artenvielfalt erläutert.

Im vierten Teil werden zwei besondere Orte im Stadtgebiet portraitiert: das Schwanheimer Feld und die Grastränke.

Der fünfte und letzte Teil gibt einen Ausblick in die Zukunft der Entwicklung der Frankfurter Stadtnatur und auf den Druck, dem die Stadtnatur von verschiedensten Seiten ausgesetzt ist.

Das Buch richtet sich sowohl an interessierte Laien als auch an vorge­bildete Leser, die sich für die Zusammenhänge, Grenzen und Möglich­keiten von Natur in der Stadt interessieren. Ein kleines Glossar erläutert die wichtigsten Fachbegriffe, Fachpersonen finden in der 11-seitigen Literaturliste einschlägige Literaturhinweise. Ein 43 Seiten umfassender Anhang enthält aktuelle Artenlisten (2015 bis 2018) ausgewählter Gebiete zu Vogelarten, Höheren Pflanzen sowie den 2015-2018 neu erfassten Pilzarten. Für Querleser gibt es am Ende jedes Kapitels ein Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse der Kapitel zusammenfasst. Das Buch ist reich mit hochwertigen Fotografien, Tabellen und Kartendarstellungen illustriert. Die schönen Aufnahmen und die Beschreibungen einzelner Gebiete machen Lust, sich auf einen Streifzug in die „wilden Ecken“ Frankfurts aufzumachen und die Kleinode selbst zu erleben.


Oliver Lubrich & Adrian Möhl: 2019: Botanik in Bewegung. Alexander von Humboldt und die Wissenschaft der Pflanzen. – 272 S.; Haupt-Verlag, Bern. [ISBN: 978-3-258-08107-6]

von Siegfried Demuth

Wem es nicht vergönnt ist, abenteuerliche Reisen in ferne Länder zu unternehmen, dem sei dieses Buch empfohlen. „Botanik in Bewegung“ nimmt die Lesenden mit auf die Reisen Alexander von Humboldts von den Anfängen seiner ersten botanischen Aktivitäten an der Bergakademie Freiberg in Sachsen bis zu seiner letzten großen Reise durch Zentral­asien bis an die chinesische Grenze. Im Zentrum steht natürlich die fünf­jährige Forschungsreise in die amerikanischen Tropen zusammen mit sei­nem Freund und Kollegen Aimé Bonpland. Das Buch schildert vor allem die damals neue Sicht- und Arbeitsweise Humboldts zur Erforschung der Pflanzenwelt. War die Linnésche Botanik noch fast rein katalogisierend, so war Humboldt einer der ersten, der die ökologische Feldforschung ein­geführt hat. Auf diesen Wandel spielt der Buchtitel an. Neben dem Sammeln von Pflanzen – das vor allem von Bonpland betrieben wurde – widmete er sich dem Sammeln von Umweltdaten der Orte, an denen sie forschten: geografische Koordinaten, Lufttemperatur, Luftdruck (Höhe), Luftfeuchte, ja sogar das Blau des Himmels wurde gemessen; bein­druckend die Zahl der Instrumente, die beide auf der beschwerlichen Reise mit sich schleppten (besser: schleppen ließen). Neben den sehr unterhaltsam zu lesenden Forschungsabenteuern sind thematisch pas­sende Exkurse eingeflochten, unter anderem zum Drachenbaum (Hum­boldts Lieblingspflanze) und zur Bedeutung Aimé Bonplands, dem „Schattenbotaniker“, für die botanische Erforschung des tropischen Amerika – das Gemälde von Eduard Ender auf S. 68 ist ursächlich für diesen zu Unrecht verliehenen Titel. Ein besonders interessanter Exkurs stellt die auch heute noch bedeutende Rolle von Herbarien im Allgemeinen und das Sammeln und Herbarisieren unter tropischen Bedingungen im Besonderen dar.

Die Forschungsergebnisse der beiden Wissenschaftler spielen auch heute noch eine Rolle. Beispielsweise sind sie für das Nachvollziehen der Klimaerwärmung und der damit verbundenen Veränderung der Vege­tationszonierung in den amerikanischen Tropen eine wertvolle Quelle.

Ausgestattet ist das Buch mit zahlreichen Abbildungen, etwa mehrere der wunderschönen Kupferstiche der von Bonpland und Humboldt gesammelten Pflanzen, mit von Humboldt gezeichneten Landschaften und Vegetationsbildern und dazu vergleichende aktuelle Fotos. Nicht fehlen darf natürlich die wohl berühmteste von Humboldts Grafiken, dem Querschnitt durch die Anden mit der Zonierung der Vegetation, den jeweils typischen Pflanzenarten sowie meteorologischen Angaben zu den Höhenstufen. Die Schönheit und Präzision der Darstellungen beeindruckt, gehörte doch für Humboldt neben der wissenschaftlichen Genauigkeit auch die künstlerische Gestaltung der Abbildungen zur Wissenschaft dazu.

Ein wunderschön aufgemachtes Buch, das nicht nur durch die sehr informativen und gut geschrieben Texte überzeugt, sondern auch durch die reichliche Bebilderung.


BAS-Exkursion rund um Schöntal 26. Mai 2019

von Steffen Hammel und Bernd Haynold

Die Region des westlichen Landkreises Hohenlohe ist derzeit etwas unterkartiert. Daher brachen am 26. Mai 2019 Mitglieder und Freude der BAS auf, um vor allem in Magerrasen und den randlich anschließenden Biotopen des Jagsttals neue und aktualisierte Pflanzenfundpunkte zu erbringen.

Die Exkursion startete in einem Trockenhang oberhalb des Ortsrandes von Westernhausen (TK 6623/3 – Grenzbereich mittlerer/oberer Muschelkalk). Der Biotop besteht aus einem eng miteinander verzahnten Mosaik aus Feldhecken, Feldgehölzen, Magerrasen, Gebüschen trocken­warmer Standorte, Steinriegel und Trockenmauern (ehemalige Weinberg­nutzung). Am „Oberen Berg“ waren vor allem die großen Bestände von Himantoglossum hircinum bedeutsam (z.T. bereits abgemäht). Ferner Melampyrum arvense und typische Magerrasenarten wie Ranunculus bulbosus, Rhinanthus alectorolophus, Veroncia austriaca agg. und – aus angrenzenden Ackerunkrautgesellschaften eingewandert – Fumaria vaillantii s. l. Im Gewann „Kreuzsteige“ erregten umherfliegende Libellen-Schmetterlingshafte (Libelloides coccajus) das Interesse der Exkursionsteilnehmer. Die Ackerränder waren botanisch wenig auffällig. Nachweise von Centaurea cyanus sollen erwähnt werden. An einer Böschung fand sich Hylotelephium telephium agg. Gebüschränder erbrachten Humulus lupulus und am Wegesrand ließ sich Papaver confine und in den Streuobstwiesen drei Exemplare von Orchis militaris entdecken.

Die Exkursion fand ihre Forstsetzung am Fuße des „Hohenbergs“ westlich von Bieringen (TK 6623/3 – Oberer Muschelkalk), einem steilen Südosthang mit lückiger bis geschlossener Gehölzsukzession (Ulmus glabra, Sorbus tominalis). Am Waldsaum und im angrenzenden Wald konnte u.a. Fragaria viridis, Stachys recta, Lathyrus sylvestris, Helleborus foetidus, Papaver dubium subsp. dubium, Epipactis helleborine subsp. helleborine und einige Exemplare von Cephalanthera damasonium kartiert werden. In Magerrasen des angrenzenden „Stetz“ fanden sich dann wieder viel Himantoglossum hircinum, über 20 Exemplare von Ophrys holoserica sowie Anacamptis pyramidalis, Orchis militaris, Dianthus carthusianorum subsp. carthusianorum und Carlina vulgaris. Auf freigestellten Steinriegeln ließ sich Crepis pulchra nachweisen, in einem Fall am Fuße auch mit einem größeren Bestand von Sambucus ebulus. Unter Bäumen fand sich wieder Cephalanthera damasonium.

Weiter ging es zu Trockenhängen östlich vom Kloster Schöntal (TK 6623/3 – Oberer Muschelkalk). Die Rasen des Benediktusberges sind nur z.T. mager ausgeprägt. Nachgewiesen werden konnten zwei Exemplare von Himantoglossum hircinum sowie Stachys germanica, am Wegesrand Cephalanthera damasonium und Epipactis helleborine subsp. helleborine. Der in der Offenlandbiotopkartierung von Wilfried Gerlinger für das Jahr 2000 aufgeführte Gentiana cruciata konnte nicht festgestellt werden.

Zum Abschluss der Kartierungsexkursion ging es in ein kleines Seitental der Jagst westlich Berlichingen (TK 6622/4 – Oberer Muschelkalk). In der Jagst selbst konnte Nuphar lutea gefunden werden. Das Waldgebiet „Lange Steige“ erbrachte neben Pulmonaria obscura und Epipactis helleborine subsp. helleborine den invasiven Neophyt Fallopia japonica. In Magerrasen am „Katharinenberg“ wurden u.a. Leucanthemum ircutianum und Primula veris subsp. veris entdeckt. Die im Wald (mit Sorbus torminalis und nochmals Epipactis helleborine subsp. helleborine) am südwestexponierten Steilhang eingestreuten Wacholderheidenreste erbrachten Ononis repens, Polygala comosa, Helleborus foetidus, ein paar Exemplare von Orchis militaris und drei Exemplare von Ophrys holoserica. Der Fund eines weiblichen Hirschkäfers (Lucanus cervus) wurde der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg gemeldet.

Einige Pflanzen-Erstnachweise für einzelne TK und für Quadranten konnten erbracht werden. Zahlreiche neue Funde ab dem Jahr 2000 wurden der zentralen Kartierungsstelle beim Naturkundemuseum Stuttgart (Dr. Arno Wörz) übermittelt.

Die Benennung der Pflanzen erfolgte entsprechend der Liste der Gefäß­pflanzen Deutschlands (Butler, May & Metzing 2018, BfN-Skripten 519).


Kartierexkursion Egelsee-Schmierofen-Schlangenlache 23. März 2018

Kartierexkursion BAS-Kurpfalz

Naturraum Nördliche Oberrheinebene; Baden-Württemberg; St. Leon-Rot; TK 6717/23; St.Leon, „Egelsee-Schmierofen-Schlangenlache“; Sandfluren, Sand-Äcker, Feuchtwald.

von Markus Sonnberger

Die erste Exkursion des Jahres 2018 startete im Süden von St. Leon im kleinen Sportgelände mit Park an der Mönchbergstraße. Der Park wird von relativ artenreichem Offenland, zumeist ruderalen Grasbeständen über Sand dominiert. Der Jahreszeit entsprechend musste man aber schon etwas genauer hinschauen. Immerhin fanden sich dann auf der Aschenbahn die charakteristischen Jungpflanzen von Filago (Logfia) minima und einer weiteren, größeren Art (mutmaßlich F. arvensis). Unter Bäumen waren die ersten blühenden Gelbsterne (Gagea villosa) zu finden. Hinzu kamen eine Reihe anderer, teils seltener Sandrasenarten, wie Artemisia campestris, Corynephorus canescens, Cerastium semide­candrum, Holosteum umbellatum, Hypochaeris glabra, Medicago minima, Potentilla verna, Scleranthus annuss subsp. polycarpos, Taraxacum lacisto­phyllum, Teesdalia nudicaulis, Veronica triphyllos und Veronica verna. Wollen wir hoffen, dass die Landschaftsgärtner hier noch nicht allzu bald einen Bedarf zur großflächigen Überplanung und Verschö­nerung entdecken mögen. Zunächst nach Osten über eutrophierte Offenland-Relikte am „Vorderen Buckel“ ging es dann nach Süden in den Wald. Auch hier war zunächst nicht viel zu entdecken. Spätblühende Trauben­kirsche (Prunus serotina) und Kermesbeere (Phytolacca americana) haben auch hier bereits das Regiment übernommen. Unser Ziel war ein Waldsumpf in einer Dünensenke mit dem vielversprechenden Namen „Schlangenlache“. Leider wurde hier tiefe Baggergräben fest­gestellt und zunächst auch keine Spur von Wasser oder gar nur feuchte­bedürftiger Bodenvegetation. Nur im tiefstgelegenen Teil war eine kleine Kolonie der Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine bulbifera) zu finden. Die Erlen standen aufgrund des Torfschwundes auf hohen Wurzelpodesten. Immerhin gab es auch noch ein paar Flatterulmen (Ulmus laevis) und ein paar hundert Quadratmeter mit Gebüsch der heimischen Traubenkirsche (Prunus padus). Wieder im Offenland ging es über die Dünenkuppe des „Schmierofen“ zurück zum Ort. Hier waren am Rande sandiger Äcker und auf Brachstreifen ein paar Sandrasenrelikte zu finden. Vor allem gegen den Ortsrand liegen noch einige flächenhaftere, wenngleich stark durch Hunde und Gesträuch in Anspruch genommene Sandflächen, wo der Feld-Beifuß (Artemisia campestris) auffällig dominiert.

Auch hier sei eine Empfehlung an die Feld-Botaniker angebracht. Die Heide-Löwenzähne sind gar nicht so schwer zu bestimmen und gerade auch auf den Sandstandorten des Rhein-Neckar-Raumes auch gar nicht selten. In Frage kommen hier kaum mehr als fünf Arten, worunter Taraxacum lacistophyllum (rote Früchte), T. lacistophylloides (stroh­farbene Früchte), T. parnassicum (rote Früchte, ohne Pollen, aufrechte Hüllblätter, oft pagodenähnlich gedrängte Blattlappen), T. plumbeum (strohfarbene Früchte) und T. tortilobum (teils sehr schmale, verdreht abstehende Blattzipfel, graubraune Früchte) besonders verbreitet zu sein scheinen.


Journal Europäischer Orchideen. Mitteilungsblatt des AHO Baden-Württemberg. – Vol. 51 Heft 1-2; Mai 2019. Jubiläumsband „50 Jahre AHO Baden-Württemberg“. [ISSN 0945-7909]

von Siegfried Demuth

Zum 50jährigen Jubiläum veröffentlichte der Arbeitskreis Heimische Orchideen Baden-Württemberg eine Sonderheft. Einleitende Artikel berichten über die Geschichte des Vereins und geben einen Überblick über die Geologie und Erdgeschichte sowie über die Biotopkartierung und die Biotoptypen Baden-Württembergs mit besonderer Berücksichtigung orchideenreicher Biotope. Der Hauptteil des Bandes ist natürlich den Orchideen gewidmet. Die 57 heimischen Arten und ihre Unterarten werden ausführlich porträtiert: Morphologie, Variabilität, Wuchsorte, Gesamtverbreitung, Verbreitung in Baden-Württemberg, Gefährdungs­ursachen und Gefährdungsstatus sowie weiterführende Literatur. Eine farbige Verbreitungskarte gibt die aktuellen (ab 2000) und die ehemaligen Vorkommen im TK25-Quadranten-Raster wieder. Die besiedelten Höhen­stufen sind in einer zusätzlichen Grafik dargestellt. Bereichert werden die Porträts durch zahlreiche sehr gute Fotos von Wuchsorten, Pflanzen­gruppen, Einzelpflanzen, einzelnen Blüten und Blütendetails. Den Abschluss bilden statistische Auswertungen zu den Nachweisen der einzelnen Arten, der Entwicklung der Kartierstände der landesweiten Orchideenkartierung sowie Anmerkungen zu Gefährdung und Schutz der heimischen Orchideen.