Am 20. und 21. Juni 2003 trafen sich 14 Mitglieder des Arbeitskreises Geobotanik in Wildberg (Nagoldtal). Im Mittelpunkt des Treffens stand die geplante Fortführung der floristischen Kartierung in Baden-Württemberg. Der erste Tag diente dem Erfahrungsaustausch und der Diskussion über eine Projektskizze von Th. Breunig, N. Höll, M. Koltzenburg, A. Radkowitsch und M. Sonnberger. Am zweiten Tag wurde die vorgesehene Kartiermethodik einem Geländetest unterzogen.
„Klein aber fein“ ist das Motto für die vorgesehenen Erhebungen: Klein, weil wir als Arbeitsgemeinschaft allein keine flächendeckende floristische Kartierung durchführen können und uns daher auf Auswahlflächen beschränken. Fein, weil wir genauer kartieren werden als bisher, einer verbindlichen Kartiermethodik folgen, bemerkenswerte Funde genau lokalisieren und von bestimmungskritischen Sippen Belege sammeln. Jedes Jahr wird es zu Beginn der Kartiersaison eine Schulung für interessierte Mitglieder unserer Arbeitsgemeinschaft geben. Im Winterhalbjahr sollen dann die interessantesten Ergebnisse der vorangegangenen Kartiersaison in Verbindung mit einer Herbarschau vorgestellt werden.
Diskutiert wurde bei dem Kartierertreffen unter anderem über die sinnvolle Größe des Kartiergebiets je Artenliste. Dies ist eine wichtige methodische Vorgabe, die nicht nur über die Genauigkeit der geographischen Verortung der Funde entscheidet, sondern auch Einfluss hat auf die Art und Weise, wie kartiert wird. Die Exkursionen am zweiten Tag zeigten, dass in einer durchschnittlich strukturierten „Normallandschaft“ bei gründlicher Kartierung einschließlich des Sammelns kritischer Sippen bei einer Halbtagesexkursion maximal ein Landschaftsausschnitt innerhalb eines Radius von 300-350 m nach Arten abgesucht werden kann.
Eine entsprechende Flächengröße wollen wir deshalb den Kartierexkursionen des Arbeitskreises Geobotanik zu Grunde legen. Berücksichtigt werden sollen bei der Abgrenzung der Kartierflächen außerdem offensichtliche Naturraumgrenzen und das Viertelquadranten-Raster der Topographischen Karte 1:25.000.
Diskutiert wurde weiterhin darüber, welche zusätzliche Daten zu den Artenlisten erfolgen sollen, ob die Häufigkeit der Arten im Kartiergebiet notiert werden soll, und welche Statusangaben zum Etablierungsgrad erfolgen sollen. Bis zu Beginn der Kartiersaison 2004 werden wir nun eine kleine Kartieranleitung erstellen, die – auf das Wesentliche beschränkt – die methodischen Vorgaben für die floristische Kartierung enthält.
Am zweiten Tag wurde südwestlich von Wildberg im Quadrantenfeld 7318/3 in drei Gruppen halbtägige Kartierexkursionen durchgeführt. In diesem Quadrant wurden bisher etwa 580 Sippen nachgewiesen, die Artenlisten erhielten wir freundlicherweise von der Zentralstelle für floristische Kartierung in Regensburg und vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart.
Unsere halbtägigen Exkursionen beschränkten sich auf den Viertelquadranten 7318/33. In drei Gruppen waren wir nordwestlich von Rotfelden unterwegs, je Gruppe wurden zwischen 250 und knapp 300 Sippen erfasst. Zusammen ergab dies ein Nachweis von 398 einheimischen und eingebürgerten sowie von 34 unbeständigen Sippen, und damit fast 75 % der bis dahin erfassten Artenzahl. Von den festgestellten Sippen waren 84 neu für den Quadranten, darunter regional seltene Arten wie Berberitze (Berberis vulgaris), Breitblättrige Wolfsmilch (Euphorbia platyphyllos), Echtes und Unechtes Tännelleinkraut (Kickxia elatine, K. spuria) und Echter Fichtenspargel (Monotropa hypopitys), aber auch weit verbreitete Arten wie Bleiche Segge (Carex pallescens), Flaumiger Wiesenhafer (Helictotrichon pubescens), Hasenbrot (Luzula campestris), Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) und Tannen-Mistel (Viscum album subsp. abietis). Zahlreich waren auch die Bestätigungen von Sippen, deren letzte Nachweise vor 1970 lagen, zum Beispiel für die Arten Wegwarte (Cichorium intybus), Wirbeldost (Clinopodium vulgare), Grüner Pippau (Crepis capillaris), Berg-Weidenröschen (Epilobium montanum), Schlitzblättriger Storchschnabel (Geranium dissectum) und Wiesen-Leinblatt (Thesium pyrenaicum).
Bereits diese wenigen Angaben zeigen, wie viele Kartierlücken und welchen Kartierbedarf es noch gibt. Zudem hat sich die Flora Südwestdeutschlands in den letzten Jahrzehnten vor allem aufgrund anthropogener Ursachen in einem bisher kaum bekannten Maße gewandelt. Die Dokumentation dieses Florenwandels ist eines der wichtigen und reizvollen Ziele der vorgesehenen floristischen Kartierung. So wurden durch die Nachweise des Zweiknotigen Krähenfußes (Coronopus didymus) und des Faden-Ehrenpreises (Veronica filiformis) die Einwanderung dieser beiden Arten im Gebiet dokumentiert.
Anfang November findet ein Gespräch mit Vertretern der beiden Staatlichen Museen für Naturkunde statt, bei dem geklärt wird, in welchem Maße sich die Museen an dem Projekt beteiligen. Wir hoffen, dass die Mitarbeit der Museen über die bereits zugesagte ideele Unterstützung hinausgeht, und wir ein gemeinsames Projekt auf den Weg bekommen.
TeilnehmerInnen des Kartierertreffens am 20./21. Juni 2003 in Wildberg waren: Thomas Breunig, Peter Fath, Gerold Franke, Thomas Grund, Steffen Hammel, Norbert Höll, Eberhard Koch, Gunter Müller, Annemarie Radkowitsch, Tina Roth, Peter Sack, Markus Sonnberger, Harald Streitz und Stephen Ziegler.